TERRA SACRA INCOGNITA
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Terra Sacra Incognita

DEUTSCHE AUSGABE

Willkommen auf der Webseite des Projekts Terra Sacra Incognita. Das Ergebnis der Projektes ist eine Ausstellung, orientiert auf die Dokumentation der bedrohten Denkmale und Objekte von Denkmalschutzinteresse in den Katastergebieten der Gemeinden Zahořany/Zahorzan und Konojedy/Konoged, die zum ersten Mal das Potenzial des historischen Baufonds von beiden Lokalitäten im Kontext ihrer historischen Entwicklung in der Barockzeit darstellt. Die Beschreibung und Dokumentation der bedrohten Denkmale mit Schwerpunkt auf den genutzten Methoden und Dokumentationstechniken und die Auswertung der erreichten Ergebnisse in wenigen kurzen Artikeln sind Teil des elektronischen Katalogs der Ausstellung.

PROJEKTVORSTELLUNG

Der Name unseres Der Name unseres Projektes ist nicht so einfach ins Deutsche zu übersetzen. Vielleicht ist er entstanden aufgrund eines Gefühls beim Eintritt ins Unbekannte der vergessenen Landschaft, in der trotz allen Verderbens auch eine Berührung des Heiligen zu spüren ist. In ihm ist auch ein Seufzer zu vernehmen, weil wir nicht wissen, was wir in unseren Händen halten. Unsere Landschaft, die seit Jahrhunderten durch Arbeit so kultiviert wurde, dass der Dichter über dem Land „Irdisches Paradies fürs Auge!“ ausrufen konnte, ähnelt heute einer chaotischen Vorhölle. Untergang und Verderben der Ordnung der menschlichen Kultur erschrecken uns durch den Beleg der Sterblichkeit des Menschen, und unsere schnell wachsenden provisorischen Lösungen bleiben auf halbem Weg zum ewigen Leben ohne Ehrgeiz für eine dauerhafte Nachhaltigkeit stehen.

Trotzdem überdauert etwas in diesem Land. Es sind dies die Spuren der Vergangenheit. Sie fordern uns auf, zum Stillstand zu kommen. Sie stellen uns Fragen, und wir können darin nach Antworten suchen. Lass uns daher für eine Weile am südlichen Fuß des Böhmischen Mittelgebirges verweilen, in zwei Dörfern, Konojedy/Konoged und Zahořany/Zahorzan. Beide Standorte wurden nicht zufällig gewählt. Schon auf den ersten Blick kann man eine Reihe von identischen Merkmalen finden: das weitläufige Gelände eines Herrenhauses mit einer Parkgestaltung der Umgebung, die monumentale Kirche an einem exponierten Ort, die Achse eines historischen Fernweges, eine Reihe von authentisch erhaltenen ländlichen Gebäuden und kleinen sakralen Denkmalen. Gemeinsam ist den Orten auch das Schicksal eines entsiedelten und neu besiedelten Raumes und dessen Lage abseits der bestehenden Verkehrsadern. In einer Reihe von Details gibt es natürlich auch Unterschiede: Zahořany/Zahorzan liegt in der Nähe der Elbe/Labe, auf einer Seehöhe von 165 m ü. M., im Einzugsgebiet der Stadt Litoměřice/Leitmeritz. Auf seinem Katastergebiet mit einer Fläche von 2,95 km² lebten im Jahr 2011 insgesamt 336 Bewohner mit ständigem Wohnsitz. Die Gemeinde Konojedy/Konoged liegt auf einer Seehöhe von 320 m ü. M., am Ostrand des Kreises Litoměřice/Leitmeritz und der Region Ústí/Aussig. Die nächstgelegene Stadt der Gemeinden ist Úštěk/Auscha und im Jahr 2011 lebten auf dem Katastergebiet von Konojedy/Konoged mit einer Fläche von 5,95 km² 100 Bewohner mit ständigem Wohnsitz.

In den Jahren 2015–2017 wurden beide Standorte zum Gegenstand des Interesses der akademischen Mitarbeiter und Studierenden des Lehrstuhls für Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Jan Evangelista Purkyně-Universität Ústí nad Labem, die mit ihrem Entwurf des Projektes Terra Sacra Incognita im Studentischen Wettbewerb des UJEP Förderungsprogramms erfolgreich waren.

Das Ziel des Projektes war es, die erhaltenen historischen Objekte in den Katastergebieten Konojedy/Konoged und Zahořany/Zahorzan zu dokumentieren und zu analysieren und aufgrund der Auswertung der Daten die Funktion und gemeinsame Bedeutung der beiden Standorte zum Zeitpunkt ihres größten Aufschwungs während der Barockzeit zu suchen. In beiden Lokalitäten wurden bedrohte unbewegliche Denkmale ausgewählt, die im Einklang mit der Methodik des Nationalen Denkmalpflegeamt in einzelne Typen kategorisiert wurden: kleine Sakraldenkmale, Sakralarchitektur, Herrensitze, ländliche Gebäude und technische Denkmale. Zudem wurden aufgrund der Ergebnisse der Gesamtuntersuchung andere Objekte zugeordnet, bei denen das historische Aussagepotenzial bis jetzt nicht reflektiert wurde. Alle gefundenen historischen Objekte wurden inventarisiert, es wurden Grundbeschreibung, Fotodokumentation und Auswertung durchgeführt. Bei bedrohten Denkmalen und Objekten mit unreflektiertem historischem und Denkmalpotential wurde eine ausführliche Terraindokumentation des aktuellen Zustandes durchgeführt, vor allem Fotodokumentation, geodätische und Bauvermessung, ergänzt durch Videodokumentation der urbanistischen Beziehungen oder durch dendrochronologische Analysen der Holzkonstruktionen. Bedrohte Kunstelemente und Details mit hohem Aussagewert wurden photogrammetrisch, mit optischem Scanner oder Laserscanner dokumentiert. Bei bedeutungsvollen Objekten mit erwiesenem Denkmalinteresse wurden auch Archivrecherchen erarbeitet.

Die ausführliche Dokumentation dieser Bauten wurde zur Grundlage für bauhistorische und kunsthistorische Analysen, deren Ziel es war, die Bedeutung der Bauten für die historische Entwicklung der Lokalitäten zu bewerten und dadurch ihren heutigen Denkmalwert zu bestimmen. Das Projekt wurde realisiert von den akademischen Mitarbeitern des Lehrstuhls für Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Jan-Evangelista-PurkyněUniversität Ústí nad Labem PhDr. Kamil Podroužek, Ph. D., Mgr. Jakub Pátek, Ph. D., Mgr. Táňa Šimková, Ph. D. und PhDr. Vít Honys, den Studierenden des Doktorstudienganges für Tschechische Geschichte, Mgr. David Skalický, Mgr. Antonín Kadlec, Mgr. Jan Peer, PhDr. Ivan Fuksa, PhDr. Václav Zeman, Mgr. Martin Zubík und den Studierenden des Magisterstudienganges für Kulturhistorische Regionalistik, Bc. Jan Horák, Bc. Michal Trněný, Bc. Monika Stará, Bc. Eva Česáková, Bc. Anna Zubáčová, Bc. Roman Švec und Bc. Martin Bartoš. Im Rahmen der zehntägigen studentischen Fachpraxis und des Fachseminars Terrainübungen in der Baugeschichte haben an dem Projekt auch Studierende des Bachelorstudiums der Fächer Denkmaldokumentation und Kulturgeschichte des Lehrstuhls für Geschichte an der Philosophischen Fakultät der UJEP teilgenommen. Mgr. Martin Barus und Mgr. Tomáš Sekyrka, Ph. D. waren externe Mitarbeiter des Projektes. Das Projekt, das in den Jahren 2015–2017 verlief, wurde von Bc. Gabriela Růžičková aus dem Zentrum für Dokumentation und Digitalisierung des Kulturerbes der Philosophischen Fakultät der UJEP koordiniert und administrativ ab- gesichert. Die Projektkosten betrugen 925.064 CZK, von denen die studentischen Stipendien den größten Anteil einnahmen.

Wir hoffen, dass die Ergebnisse der Forschung die Fachöffentlichkeit anziehen werden, dass sie ihre praktische Anwendung bei den Behörden finden, die sich mit Denkmalschutz beschäftigen, und dass sie vor allem die Bewohner der beiden Gemeinden ansprechen, Konojedy/Konoged und Zahořany/Zahorzan.

BEITRÄGE UND STRATEGIEN STATT DES NACHWORTES

Der größte Beitrag des Projektes Terra Sacra Incognita liegt wahrscheinlich in der Bildung einer breiten Koalition der Beteiligten. Eine Voraussetzung des Erfolgs ist hier ein reales Projekt mit einer konkreten Vision der Renovierung der historischen Objekte, das durch die Strategie der gemeinsamen Verbindung der einzelnen beteiligten Seiten getragen wird. An erster Stelle vor allem der aufgeklärten Besitzer, was im Fall der Kirche und des Schlosses in Konojedy/Konoged Herr Vladimír Přibyl ist, im Fall des Schlosses in Zahořany/Zahorzan Herr Václav Stareček. Im Weiteren der aktive lokale Verein, der den unerfreulichen Zustand der Sachen erkennt und nicht resignieren will. In Konojedy/Konoged handelt es sich um den Verein Spolek pro obnovu památek Úštěcka, in Zahořany/Zahorzan um den Verein Pro Zahořany. Deren Kultivierung der Umgebung, an der sie arbeiten, ist bemerkenswert, öffnet Türen und feuert zur Teilnahme an. Ein hinzugefügter Wert der Belebung der Lokalitäten ist die Vertiefung der zwischenmenschlichen Beziehungen.

Deutlich ist auch die Aufgabe der Forschungsorganisation, die fähig ist, über die historischen Objekte glaubwürdige Information zu gewinnen und diese in nutzbaren Ergebnissen, wie Fundberichten, Expertisen, Plandokumentationen und 3D Visualisierungen zu präsentieren. Die Forschungs- und Dokumentationsaktivitäten der Studierenden und Pädagogen des Lehrstuhls für Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität Ústí nad Labem helfen, die vernachlässigte Kulturlandschaft wieder zum Leben zu erwecken, nicht nur in Konojedy/Konoged und Zahořany/Zahorzan, sondern auch in Milešov/Mileschau und in anderen Lokalitäten der Region Ústí nad Labem/Aussig.

Ohne die Bauerneuung bleiben aber die Bemühungen um die Kenntnisnahme und Belebung des historischen Ortes auf dem halben Weg stehen. Eine notwendige Bedingung der erfolgreichen Realisierung der Bauerneuung ist die Teilnahme einer ordentlichen Baufirma mit einer Tradition in der Region und mit Erfahrungenmit Reparaturen historischer Objekte. In der Kirche der Mariä Himmelfahrt in Konojedy/Konoged wirkte die Firma von Tomáš Hlaváček aus Úštěk/Auscha, in Zahořany/Zahorzan im Dachstuhl der Kirche der Hl. Dreifaltigkeit arbeitete die Firma Tesařství Čenda des Zimmerermeisters Zdeněk Oravec. Diese Firmen sind den Fachleuten des Nationalen Amtes für Denkmalschutz in Ústí nad Labem/Aussig, dem Direktor PhDr. Petr Hrubý und den Territorialvertretern des Denkmalschutzes für ihre qualifizierte Fachaufsicht und eine sachverständige Diskussion über die technologischen Prozesse und die Qualität der Arbeiten dankbar.

Einen bedeutsamen Platz bei der Formulierung der Bedingungen für die Realisierung und bei der Kontrolle über deren Einhaltung nimmt die Kulturabteilung der beauftragten Gemeinde, des Stadtamtes Litoměřice/Leitmeritz, ein.

Der entscheidende Impuls für die Verwirklichung der Bauerneuung ist eine gezielte finanzielle Unterstützung eines realen Projektes, gleich ob aus den Quellen der Europäischen Union, des Kulturministeriums der Tschechischen Republik, der Regionalbehörde der Region Ústí nad Labem/Aussig oder einer Stiftung, im Fall von Konojedy/Konoged des Norwegischen Fonds.

Mit der Bauerneuung kann aber das Streben nach der Belebung historischer Objekte nicht enden. Ihre Erhaltung muss auf der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit von zumindest einigen von ihnen und ihrer Einbeziehung in die Organisierung von regional interessanten Kulturveranstaltungen beruhen. Diese tragen zur Identifizierung der Einwohner und Besucher mit den neu belebten Orten bei. Die Identifizierung mit dem Ort, dessen glaubwürdige Renovierung die Kraft der historischen Authentizität des Objektes respektiert und von einem verantwortlichen professionellen Zugang getragen wird, kann die Formung der eigenen Identität positiv beeinflussen. Und zwar nicht nur bei den Menschen, die sich an der Realisierung des Projektes direkt beteiligen, sondern auch bei den Besuchern, wie ich fest glaube. Und das ist in einer Zeit identitärer Panik nicht gerade unerheblich. Vielleicht wird uns dabei bewusst, dass die menschliche Kultur durch sinnvolle Arbeit erhalten wird.

Kamil Podroužek, 1. 11. 2019