TERRA SACRA INCOGNITA
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 ČESKY

DER WANDEL DER WEGSYSTEME

Antonín Kadlec

Konojedy/Konoged
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Die Gemeinde Konojedy/Konoged gehört zu den Gemeinden mit den ältesten urkundlichen Erwähnungen (1. urkundliche Erwähnung 1057) in dem Gebiet und war von dem Anfang an eine Kreuzung der Wege sowohl von Süden nach Norden, als auch von Westen nach Osten. So ist es mehr oder weniger bis heute, die nächste Fernstraße zwischen Litoměřice/Leitmeritz und Kravaře/Graber ist aber deutlich östlicher gelegen und geht nicht mehr durch Konojedy/Konoged. Auch aus diesen Gründen scheint es heute eine bedeutungslose Gemeinde zu sein, die aber eine sehr reiche Geschichte hat und deren Rolle sehr bedeutend war.

Die wichtigste Siedlung in der Gegend ist sicherlich die Stadt Úštěk/Auscha, nachweislich schon seit der prähistorischen Zeit besiedelt. Die Straße, die zu dieser Siedlung führte, existierte wahrscheinlich schon vor der Gründung der Gemeinde Ličenice/Litschnitz (1. urkundliche Erwähnung 1268), die auf halbem Weg zwischen Úštěk/Auscha und Konojedy / Konoged liegt. Zu den ältesten Wegen gehört auch die Straße nach Bílý Kostelec/Weißkirchen (1. urkundliche Erwähnung 1057), Starý Týn/Altthein (1. urkundliche Erwähnung 1055) und Lukov/Luka (1. urkundliche Erwähnung 1057). Zwischen Lukov/Luka und Konojedy / Konoged wurde die Gemeinde Dubičná/Eicht gegründet (1. urkundliche Erwähnung 1452), die ähnlich wie die Gemeinde Držovice (1. urkundliche Erwähnung 1141) den alten Weg nach Starý Týn/Altthein vervollständigte. Zu den älteren Wegen gehört auch der, der KonojedyKonoged und Kravaře/Graber (1. urkundliche Erwähnung 1175) verbindet. Dagegen kann wahrscheinlich die Straße zwischen Konojedy/Konoged und Brusov/Prause (1. urkundliche Erwähnung erst 1426) zu den jüngeren Verbindungen gezählt werden.

Bemerkenswert ist die Verwandlung des Weges nach Kravaře/Graber. Aus der ersten militärischen Kartierung geht hervor, dass es zwei parallele Wege gab, die von Norden und von Süden her einen der Zuflüsse des Baches Bobří potok säumten, der zur Gemeinde Kravaře/Graber hin floss. Auf anderen Kartenunterlagen wird deutlich, dass der südliche Weg langsam verschwindet und der nördliche Weg zu dominieren beginnt. Ungefähr zur gleichen Zeit verschwand auch der Weg, der Konojedy/Konoged und Blíževedly/Bleiswedel verband. Dieser Weg kreuzte die Hauptstraße zwischen Úštěk/Auscha und Kravaře/Graber. Der ganze südliche Teil der Straße, die Blíževedly/Bleiswedel mit Konojedy/Konoged verbindet, wird heute noch genutzt. Genau die Hauptstraße ist das trennende Element. Der nördliche Teil, der aus dem Schloss kam und von Osten her den Berg Dubí hora/Eichtberg umlief, verschwand völlig.

Der oben genannte Weg nach Držovice/Tirschewitz hat sich ebenfalls stark verändert. Auf der 1. Militärkartierung ist ein aus dem westlichen Teil von Konojedy/Konoged verlaufender Weg zu sehen. Der Weg verlief durch einen heute völlig ungenutzten und zerstörten Barockhof, genannten Mayerhof, oder auch Poplužní dvůr, und weiter um die Mühlen am Bach Úštěcký potok/Prausauer Bach herum in Richtung Držovice/Tirschewitz. Der Weg ist auch in anderen Kartenunterlagen sichtbar, zum letzten Mal kann er auf Aufnahmen aus den 50er Jahren festgestellt werden. Anschließend verschwindet der Weg im Rahmen der Kollektivierung und Verkoppelung der Landwirtschaftsflächen. Dennoch ist er in den aktuellen Luftaufnahmen leicht erkennbar. Der heutige Weg nach Držovice/Tirschewitz zweigt auf halbem Wege zwischen Konojedy/Konoged und Ličenice/Litschnitz südlich der genannten Mühlen ab. In den Kartenunterlagen wird deutlich, dass der Weg zur gleichen Zeit wie die direkte Straße existierte, sich aber im Gegensatz zu ihr bis heute seine ungefähre Lage erhielt. Der Grund für das Verlassen des direkten Weges ist wahrscheinlich vor allem das Verschwinden der Funktion der wichtigen Wirtschaftsgebäude und technischen Anlagen an seiner Peripherie, aber auch der schon erwähnte Prozess der Verkoppelung der Landwirtschaftsflächen.

Eine sehr ähnliche Geschichte hat der Verkehrsweg, der den Schlosspark von Osten her umlief und von Westen her zum Berg Dubí hora/Eichtberg hin lag. Er verband Konojedy/Konoged direkt mit Dubičná / Eicht. Der Weg verlor an Bedeutung schon vor 50 Jahren, als er auf den Luftaufnahmen noch erkennbar war. Ein Teil des Weges läuft heute um die Schlossparkmauer herum, verschwindet aber im weiteren Verlauf in den Feldern. Auf den Luftaufnahmen kann er noch teilweise erkannt werden. Der Weg war einmal mehr ein Opfer der Verkoppelung der Landwirtschaftsflächen während der Kollektivierung.

Der letzte Weg, der erwähnt werden kann, ist der direkte Weg nach Pohorsko/Hundorf, der östlich von Konojedy/Konoged aus dem Weg nach Kravaře/Graber kurz vor dessen Verzweigung in südliche und nördliche Richtung herauskommt. Konojedy/Konoged und Pohorsko/Hundorf sind auch weiterhin mit Waldwegen verbunden. Die erste Militärkartierung deutet aber an, dass der Weg direkter sein könnte. Auf der anderen Seite ist zu beachten, dass die Glaubwürdigkeit dieser Kartenunterlage in vielen Fällen fraglich ist.

Zahořany/Zahorzan
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Die Gemeinde Zahořany/Zahorzan ist zurzeit von Norden und von Süden her von wichtigen Verkehrswegen umschlossen. Im Norden, hinter der Gemeinde Velký Újezd/Groß Aujezd verläuft in nordöstlicher Richtung die Straße I/15 von Litoměřice/Leitmeritz nach Úštěk/Auscha. Im Süden verläuft in südöstlicher Richtung die Eisenbahn von Litoměřice/Leitmeritz nach Mělník/Melnik auf der nördlichen Seite der Elbe, die wenige Hundert Meter südlich der genannten Eisenbahn fließt. Beide Verkehrswege werden durch die Straße 26111 verbunden. An der Spitze des so entstandenen Dreiecks findet sich schon Litoměřice/Leitmeritz, am Fluss liegt die Gemeinde Křešice/Kreschitz und in der nordöstlichen Spitze kann man die Gemeinde Horní Řepčice / Ober Repsch finden. Von dem Weg, der durch Zahořany/Zahorzan geht, zweigt im Dorfkern die Straße 26112 ab, die durch die Gemeinde Velký Újezd/Groß Aujezd führt und etwas westlicher wieder an die Straße I/15 anschließt. Die Grundform des Wegenetzes des Dorfes ähnelt so einem Ypsilon, und das auch in den älteren Kartenunterlagen.

In den Kartenunterlagen aus dem Ende des 18. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist es natürlich nicht möglich, die Eisenbahn zu finden. Auf der anderen Seite ist deutlich, dass das Wegesystem viel komplizierter und das Straßennetz viel dichter war als heute. Gerade der Bau der Eisenbahn bedeutete die erste markante Veränderung des Wegesystems in der Umgebung von Zahořany/Zahorzan nach dem Barockzeitalter.[1] Der Bau der Eisenbahn brachte den Aufbau von Anliegerwegen an die neu entstandene Strecke mit sich, durchschlug die bis zu der Zeit genutzten Straßen und verdrängte sie mit der Zeit. Die Hauptstraße wurde mit dem Bau langfristig nicht unterbrochen, aber aus den Kartenunterlagen ist das Ende der Nutzung des Nordweges nach Encovany/Enzowan erkennbar, der vor dieser Veränderung ein Teil eines längeren Weges aus Třeboutice/Trebautitz war und wahrscheinlich aufgrund der intensiveren Nutzung der südlicheren Straße verschwand, die teilweise entlang der Eisenbahn verläuft.

Dieser südliche Weg wurde eindeutig auch früher genutzt, aber gerade in der Zeit des Baus der Eisenbahn gewann er an Bedeutung und es ist möglicherweise ein Zusammenhang mit der Nutzung und damit auch mit der qualitativen Umwandlung dieses Weges während des Eisenbahnbaus zu suchen. Über die Lage des nördlichen Weges nach Encovany/Enzowan gibt der Sockel eines der kleinen Denkmale von Encovany/Enzowan bis heute Auskunft.[2] Ähnlich sind auch andere Straßen gesäumt, dennoch ist ein großer Teil der Objekte heute im Terrain nicht auffindbar. Der mittlere der von der Kirche ausgehende Wege nach Encovany/Enzowan war deutlich verzweigt und einer der Zweige, der sich mit dem südlichen Weg nach Encovany/Enzowan verbindet, wird noch genutzt, aus weiteren Abzweigungen wurden wenig gepflegte Waldwege. Eine viel grundsätzlichere Umwandlung der Wege verlief aber erst im 20. Jahrhundert. In den Kartenunterlagen vom Anfang der 50er Jahre ist ein prinzipiell übereinstimmendes Wegenetz mit den Karten des 19. Jahrhunderts erkennbar, die schon den Verlauf der Eisenbahn verzeichnen. Dagegen blieb in späteren Kartenunterlagen von den vor der Kollektivierung genutzten Wegesystemen fast nichts außer den Hauptstraßen und wenigen Wegen. In Feldern eingeebnet wurde fast in seiner ganze Länge der direkte Weg nach Trnovany/Trnowan. Die direkte Straße zwischen Zahořany/Zahorzan und Ploskovice/Ploschkowitz dient heute eher als Anliegerweg für den Landwirtschaftsverkehr und die Bäume, die den Weg früher säumten, bilden nur eine Grenze zwischen zwei ausgedehnten Feldern. Genauso verschwand auch der das Schlossareal von Osten umlaufende Weg, der noch in den 50er Jahren das Schlossareal Zahořany/Zahorzan mit dem Schlossareal und dem Hof in Velký Újezd/Groß Aujezd verband. Eine wichtige Anmerkung ist, dass einzelne Teile der Wege erhielten blieben. Es handelt sich heute um Sackgassen in der Gemeinde Zahořany/Zahorzan, die nicht eigenständig als irgendein Ausläufer entstanden, um Möglichkeiten der künftigen Entwicklung vorzuzeichnen. Im Gegenteil geht es um Überbleibsel altertümlicher Wege, an denen sich schrittweise Bauten zu entwickeln begannen und deren Grundstücke bis heute Zeugen fern vergangener Zeiten sind, als ihr Verlauf viel mehr Sinn ergab als heute.

Die angesprochene Altertümlichkeit der Wege kann auch ein mögliches Indiz für die Gründungszeit der umliegenden Gemeinden sein, mit denen das Dorf direkt verbunden war. Heute fehlt oft gerade die direkte Verbindung, die Gemeinden verbinden sich über Haupt- und Fernstraßen an, aber in den alten Karten ist die Existenz der direkten Strecken zwischen den nächstliegenden Siedlungen deutlich. Das mittelalterliche Dorf wird, wahrscheinlich korrekt, als mehr oder weniger autarke Gemeinschaft wahrgenommen. Es ist aber deutlich, dass der Kontakt zu den umliegenden Dörfern und später Städten für jedes Dorf eine wichtige Bedingung für die Existenzsicherung war. Die Gemeinde Zahořany/Zahorzan gehört bei Weitem nicht zu den ältesten in der Region. Dagegen sind die ältesten Gemeinden wahrscheinlich die Gemeinde Křešice/Kreschitz, die direkt am Elbeufer liegt, weiter entfernt die Gemeinde Trnovany/Trnowan und vor allem Ploskovice/Ploschkowitz, das nördlich von der Straße liegt, die Litoměřice/Leitmeritz und Ústí/Aussig verbindet. Eine Erwähnung verdient auch die Gemeinde Horní Řepčice/Ober Repsch. Diese Gemeinden erscheinen meistens zum ersten Mal in der Gründungsurkunde der Kapitel Litoměřice/Leitmeritz (1057). Zwischen diesen Siedlungen führten Wege wahrscheinlich noch lange vor dem Entstehen der Gemeinde Zahořany/Zahorzan (erste Erwähnung 1318). Die Verbindungen der Gemeinden Křešice/Kreschitz und Ploskovice/Ploschkowitz und gleichzeitig auch der Gemeinden Křešice/Kreschitz und Horní Řepčice/Ober Repsch bildeten die Straßengabelung, an der die Gemeinde Zahořany/Zahorzan errichtet wurde. Für die Gründung des Dorfes spielte bestimmt auch der Bach Luční potok/Luhabach eine große Rolle, der den nordwestlichen Teil der Gemeinde kreuzt. Die Gemeinde Býčkovice/Pitschkowitz erscheint in den Quellen früher, ähnlich wie Velký Újezd/Groß Aujezd (1197) und Encovany/Enzowan (1269), Sedlec/Selz dagegen später (1367). Auch so wird deutlich, dass in der Zeit der Entstehung der Gemeinde ein fast vollständiges Straßennetz auf dem Gebiet vorausgesetzt werden kann und es ist möglich, dass das Netz in seiner Form vom Hochmittelalter bis zu der Zeit der ersten Kartenquellen überdauerte, die heute als Grundlage für die Erkundung der historischen Landschaft dienen. Die Wege erklären auch eine Reihe weiterer Zusammenhänge. Die Straße ist vor der Gabelung von zwei Hügeln umgeben. Auf dem östlichen Ausläufer steht heute die Kirche der Hl. Dreifaltigkeit, die Westerhebung ist der Berg Křemín/Krzemin. Beide Positionen könnten theoretisch in der Vergangenheit eine militärische Bedeutung gehabt haben. In der 1. Militärkartierung ist die Kirche sogar mit einer Barockbefestigung eingefriedet und die Lage war sicher gut für die Platzierung einer Artilleriebatterie geeignet. Trotzdem fehlt in den weiteren Kartenunterlagen diese Befestigung, die Präzision der Kartierung muss daher überprüft werden. Der Hügel und die Form der Kapelle entsprechen dem Barocktyp der Befestigung. Eine ähnliche strategische Bedeutung vermittelt auch der Berg Křemín/Krzemin, auf dem zweifellos eine Festung stand. Die Gegend um Zahořany/Zahorzan war Zeuge von Militärereignissen zum Beispiel am Anfang des Siebenjährigen Krieges im Jahr 1757, und die Wege spielten damals eine wichtige Rolle, insbesondere der zwischen Zahořany/Zahorzan und Třeboutice/Trebautitz nördlich des Berges Křemín/Krzemin.[3]

Eine weitere Erwähnung verdient die Funktion der süd-nördlichen Wegen, die natürlich nicht nur zwei west-östlichen Straßen verbinden, sondern auch nach Norden weiterführen, in den Kern des Böhmischen Mittelgebirge um Verneřice, einem wichtigen Ausgangspunkt nicht nur wegen der Eisenbahn, sondern auch als Verbindung zur Elbe.

Zusammenfassung

Beide Gemeinden liegen heute außerhalb der Hauptstraßen und auch abseits der Hauptverkehrsadern, nämlich der Straße von Litoměřice/Leitmeritz nach Kravaře/Graber. Beide scheinen aus touristischer Sicht deutlich vernachlässigt zu sein, was nicht ihrer historischer Bedeutung entspricht. Beide Dörfer liegen an wichtigen Kreuzungen. Im Gegensatz zu Zahořany/Zahorzan, das an einem schon existierenden Wegesystem entstand, war die Gemeinde Konojedy/Konoged ein wichtiges Element bei dessen Entwicklung.