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 ČESKY

KONOJEDY/KONOGED UND SEINE BESITZER IM KURZEN HISTORISCHEN RÜCKBLICK

Jakub Pátek

Konojedy/Konoged im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

Die Gemeinde Konojedy/Konoged liegt an den westlichen und nordwestlichen Hängen des Berges Dubí hora / Eichberg am nördlichen Ausläufer des Böhmischen Mittelgebirges. In der älteren und neueren Literatur erscheinen traditionell Informationen über die Existenz der Gemeinde schon in der Mitte des 11. Jahrhunderts, basierend auf der Erwähnung im Eigentumsregister zur Stiftung des Kapitels Litoměřice/Leitmeritz. Unter den Lokalitäten der sog. Redaktion A, die sich in ihrer Fassung auf das Jahr 1057 bezieht, figuriert aber die Gemeinde Konojedy/Konoged nicht. Der Name erscheint erst in der sog. Redaktion B, ausgestellt im Jahr 1218, die das ältere Privilegium wahrscheinlich aus den 60er Jahren des 12. Jahrhunderts erneuert hat.[1] Obwohl die genauere Entstehungszeit der Gemeinde unbekannt ist, ist es zweifellos, dass es sich um einen der ältesten Orte der heutigen Region Úštěk/Auscha handelt. Die ursprüngliche Benennung Koňojedy variiert in den Quellen als Conoiedi, Konogedi, Konogied oder Konogedy und bezeichnete ein Dorf, dessen Bewohner Pferde essen. Auf Deutsch etablierten sich vor allem die Varianten Konoged oder Konojed, im lokalen Dialekt dann Kundich.[2]

Nicht nur die Entstehung des Dorfes, sondern auch seine älteste Geschichte ist von einem Schleier des Unbekannten umgeben. Die ältere Literatur setzte voraus, dass es sich bereits im 13. Jahrhundert um eine Pfarrgemeinde mit einem Herrensitz handelte. Die eigentlichen Herrscher von Konojedy/Konoged erscheinen jedoch in schriftlichen Quellen erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des nächsten Jahrhunderts. Die erste Erwähnung eines örtlichen festen Hauses liegt erst aus dem Jahr 1451 vor, als Běta von Konojedy/Konoged die Festung zusammen mit dem Hof und dem Dorf ihrem Gatte Ctibor von Tloskov/Tloskau verkaufte.[3] Irgendwann zwischen den Jahren 1505–1509 kam Konojedy/Konoged in den Besitz von Albrecht von Pojetice, dessen Vorfahren schon seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts Valkeřice/Algersdorf gehalten hatten. Albrechts Nachkommen, die begannen, sich als Herren Konojed von Pojetice zu bezeichnen, besaßen dann in den folgenden drei Generationen Konojedy/ Konoged mit Valkeřice/Algersdorf.[4] Vilém Konojed von Pojetice ließ dann wahrscheinlich Mitte 16. Jahrhunderts die örtliche Festung zu einem kleinen Renaissanceschloss umbauen.[5]

Vertreter der letzten Generation mit Sitz in Konojedy/Konoged und Valkeřice/Algersdorf war Albrecht Konojed von Pojetice. Wie auch eine Reihe von anderen Adeligen war er während des Ständeaufstandes aktiv, in dessen Verlauf er im Jahr 1620 starb.Die Konfiskationskommission beschlagnahmte im Rahmen einer Bestrafung ein Drittel seines Nachlasses. Dennoch konfiszierte die Kammer sein sämtliches Eigentum. Dazu gehörte das Dorf Konojedy/Konoged mit dem festen Haus und einem zusätzlichen Hof, Horní Dubičná/Ober Eicht und Dolní Dubičná/Nieder Eicht, Stvolínské Petrovice/Petersdorf, Mukařov/Munker, Čáslav/Tschiaschel und Merboltice/Mertendorf, Festung und Meierhof Malý Šachov/Klein Schokau und Feste und Dorf Valkeřice/Algersdorf mit einem zusätzlichen Hof. Der Besitz, geschätzt auf den Preis von 53 783 Meißner Schock, wurde im Mai 1623 für eine reduzierte Summe vom Glatzhauptmann Adam Bohumír Berka von Dubá/ Dauba gekauft, der Albrechts Witwe Maria, geb. von Salhausen, und den Töchtern Lidmila und Anna Eusebia den ihnen gehörenden Teil des Nachlasses auszahlte.[6] Als Adam Gottffried starb (wahrscheinlich 1626), kam Konojedy/Konoged über dessen Schwester Helena (im Jahr 1632 tödlich verletzt von Räubern auf dem Weg von Konojedy/Konoged nach Prag) in die Hände ihres Gatten Zdenko Lew Liebstein von Kolowrat, der seit dem Jahr 1623 Besitzer des Landbesitzes Sloup/Bürgstein und Hauptmann von Litoměřice/Leitmeritz war. Im Jahr 1640 ging Konojedy/Konoged in die Hände seines Sohnes Václav Franz Anton über,[7] der aufgrund unerträglicher Überschuldung genötigt war, die ererbten Güter zu verkaufen.

In dieser Zeit wurde Konojedy/Konoged zum Gegenstand des Interesses des Kapitelprobstes in Litoměřice/Leitmeritz Maxmilian Rudolf von Schleinitz, der sich intensiv am Stiftungsprojekt des Bistums in Litoměřice/Leitmeritz beteiligte. Für das zukünftige Funktionieren der Institution war es nämlich notwendig, eine dauerhafte Einnahmequelle in Form eines eigenen Landbesitzes zu sichern. Seit den frühen 40er Jahren korrespondierte der Probst über den möglichen Kauf von Konojedy/Konoged mit dem Prager Erzbischof Kardinal Ernst von Harrach.[8] Im Jahr 1643 schätzte er, dass der Jahresertrag des Landbesitzes 4 Tausend Gulden erreichen könnte. Den Vorzug bekam aber später die benachbarte Gemeinde Stvolínky/ Drum, die der Erzbischof von Prag im Februar 1947 gekauft hatte. Noch im Juli desselben Jahres schlug jedoch Maxmilian Rudolf von Schleinitz dem Ernst von Harrach vor, später in der Zukunft auch den Landbesitz Konojedy/Konoged zuzukaufen und ihn dem Bischof in Litoměřice/Leitmeritz unterzuordnen.[9]

Konojedy/Konoged unter der Verwaltung des Geschlechtes Sporck

Der Käufer war letzendlich im Jahr 1650 der freie Herr Johann Sporck (ca. 1600–1679), der eine Summe von 117 Tausend Gulden bezahlte. Er war einer der klassischen Glücksritter, die der dreißigjährige Krieg und die darauffolgenden Feldzüge aus dem Bauernstand bis in die Reihen der militärischen Generalität und des Reichsgrafen gebracht hatten. Der Höhepunkt seiner militärischen Karriere war die Schlacht bei Hl. Gotthard (Mogersdorf) im August 1664, in dem er maßgeblich zur überraschenden Niederlage der Türken auf dem Weg nach Wien beigetragen hatte. Vor dem Kauf von Konojedy/Konoged gewann er im Jahr 1647 die Gemeinde Lysá nad Labem/Lissa an der Elbe, die Sporck als Kammergut von Ferdinand III. für den Übertritt in seine Dienste erhielt. In den 60er und 70er Jahren hat Sporck zu diesen zwei Gütern noch Choustníkovo Hradiště/Gradlitz bei Königinhof, Heřmanův Městec /Hermannstadt, Malešov/Malschen, Hoříněves/Brenndorf und Heřmanice/Hermenz in Ostböhmen und Mittelböhmen zugekauft, womit er eine mehr als gute materielle Grundlage für seine zwei Söhne und zugleich eine wichtige Voraussetzung für den weiteren Aufschwung des neugebackenen Grafengeschlechtes legte. Für Johann Sporck, der im Jahr 1664 mit dem Titel des Erbreichsgrafen geadelt wurde, spielte Konojedy/Konoged aus Sicht der Siedlungsstrategie keine wichtigere Rolle. Das örtliche Schloss bekam zwar in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts einige Barockumbauten,[10] dennoch ist nicht erkennbar, ob dies während der Regierung von Johann Sporck geschah, oder erst später unter seinem Sohn. Seit dem 16. Jahrhundert war der Landbesitz Konojedy/Konoged kein einheitliches Gebiet. Er bestand aus drei Siedlungsenklaven, bestehend im Südwesten aus Čáslav/Tschiaschel, Mukařov/Munker und Levínské Petrovice / Petrowitz, im Südosten aus Konojedy/Konoged und Dubičná/Eicht (das teilweise zum Landbesitz Liběšice/Liebschitz gehörte) und im Norden aus Merboltice/Mertendorf und Valkeřice/Algersdorf. Die Güter von Sporck grenzten überwiegend an die Landbesitze Úštěk/Auscha-Liběšice/Liebschitz und Stvolínky/Drum.[11] Im ersten Fall waren die Nachbarn Jesuiten und im zweiten Fall der Bischof von Litoměřice/Leitmeritz. In einem gedachten Zentrum der Güter von Konojedy/Konoged hat sich exterritorial das Städtchen Verneřice ausgedehnt, in der Hälfte des 17. Jahrhunderts verteilt auf drei verschiedene Besitzer.[12] Das am dichtesten bevölkerte Dorf des Landbesitzes Konojedy/Konoged war Valkeřice/Algersdorf, während Konojedy mit der Zahl der Bauernhöfe auf dem zweiten Platz stand. Die Berni Rula (Steuerliste) registriert hier 8 Bauern, 6 Beisassen und 18 Gärtner.[13] Nach dem Kauf des Landbesitzes wurde Johann Sporck Patron der örtlichen Kirchen. Die geistigen Bedürfnisse seiner Untertanen besorgten nach dem Dreißigjährigen Krieg die Kirchen in Valkeřice/Algersdorf, wo sich die Pfarre befand, und in Merboltice/Mertendorf, Mukařov/Munker und Konojedy/Konoged.[14] Sporck war auch Patron der Kirche in Bílý Kostelec/Weißkirchen, die bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erwähnt wurde[15]und die auf einem zu Konojedy/Konoged gehörigen Grundstück stand.[16]

Johann Sporck starb 1679 und fünf Jahre später übernahm sein älterer Sohn Franz Anton (1662–1738), der aus der zweiten Ehe des Generals mit Eleonora Marie von Finecke stammte, die Verwaltung eines größeren Teiles der Güter seines Vaters. Im Gegensatz zu seinem Vater, dem harten und wahrscheinlich auch persönlich nur wenig ausgebildeten Soldaten, war Franz Anton ein aristokratischer Intellektueller mit einem tiefen Interesse für das geistliche und kulturelle Geschehen seiner Zeit. Durch eigene umfangreiche Bau-, Bestell- und Verlagsaktivität reihte er sich in die bedeutendsten Personen der böhmischen Barockkultur ein.[17]

Während sich Johann Sporck der Schaffung einer angemessenen Immobilienbasis widmete, konzentrierte sich sein Sohn im Rahmen der Vertretung des jungen Grafengeschlechts auf die Verwandlung der Außendarstellung. Die Visualisierung des angesammelten Reichtums sollte dem Geschlecht im Kontext der Barockmentalität den fehlenden Glanz hinzufügen, da das junge Geschlecht über keinen glänzenden Stammbaum verfügte. Der persönliche Anteil von Franz Anton von Sporck an diesem Projekt war bedeutend größer, als im Fall der meisten seinen aristokratischen Zeitgenossen üblich. Er nutzte dafür seine gute Ausbildung, die er während des Studiums bei den Jesuiten in Kutná Hora und später im Klementinum erwarb, wo er sich der Philosophie und Rechtswissenschaft widmete. Anfang der 80er Jahre hat er seine Ausbildung durch die obligatorische Kavalierseise vertieft, die die letzte Stufe der Vorbereitung des jungen Aristokraten vor dem Eintritt in die edle Gesellschaft darstellte und die ihn nach Westeuropa führte.[18] Der Graf war sein ganzes Leben lang ein großer Liebhaber der Philosophie und ein begeisterter Leser und Herausgeber von Literatur progressiver geistlicher Strömungen. Seit dem Jahr 1690 bekleidete er zwar den Posten des königlichen Gouverneurs, aber seine Beamtenkarriere verlief mehr oder weniger auf einer Titularebene.

Die meiste Zeit verbrachte er auf seinen Gütern. Das nordböhmisches Ort Konojedy/ Konoged spielte in der Siedlungsstrategie von Franz Anton Sporck keine so große Rolle wie Lysá nad Labem / Lissa an der Elbe (Sporck verkaufte es im Jahr 1722 an Jan Václav Černín von Chudenice, um es im Jahr 1734 von dessen Witwe wieder zurückzukaufen) oder Choustníkovo Hradiště/Gradlitz bei Königinhof, in dessen Nähe er in den 1770er Jahren einen Kurort gründete. Es war wahrscheinlich die relativ große Entfernung von diesen großen Zentren der Sporck-Herrschaften, die dafür sorgte, dass der Graf den örtlichen Ansiedlungen und der Landschaft wenig persönliche Aufmerksamkeit schenkte. Trotzdem finden wir auch hier eine Reihe von seinen Spuren, obwohl die meisten davon auf der materiellen Ebene nicht mehr existieren.

Die relativ dicht besiedelte Herrschaft Konojedy/Konoged war für den Grafen eine lukrative Einnahmequelle. Der damaligen Quellen beschreiben sie zwar als überwiegend hügelig, sie hatte aber angeblich auch manche schöne Felder und viele Hopfengärten, deren Produktion nach Sachsen und Bayern ausgeführt wurde.[19] Neben dem ökonomischen Beitrag bot sie ihrem Besitzer auch ausgezeichnete Bedingungen für zwei seiner großen Leidenschaften – die Parforcejagd und vor allem das Vogelstellen. Das hügelige Gelände, auf dem sich Wälder und Haine mit landwirtschaftlichem Flächen und Wiesen abwechselten, war gut für den Fang von Vögeln geeignet, was Sporck mit großer Leidenschaft auch auf anderen seiner Herrschaften ausübte.[20] In der Zeit der Herbstjagd und des Vogelfangs kehrte der Graf regelmäßig mit dem Hof auf die Herrschaft Konojedy/Konoged zurück, aber gegenüber dem Aufenthalt in Konojedy/Konoged bevorzugte er Valkeřice/Algersdorf, in dessen Umgebung er auch mehr als zwanzig Vogelherde und Fallen verschiedener Art bauen ließ.[21] Der Vogelfang diente dabei nicht nur als Nahrungsquelle, sondern Graf Sporck ließ bereits zu dieser Zeit auch Vögel kämpfen. Eine dauerhafte Erinnerung an die lokale Vogelstellerei ist bis heute der Name des Dorfes Sluková/Schneppendorf bei Valkeřice/Algersdorf. Für seine Aufenthalte ließ sich Franz Anton um 1700 im oberen Teil des Dorfes Valkeřice/Algersdorf in der Nähe der Pfarrkirche zur Hl. Barbara ein kleineres einstöckiges Dreiflügelschloss mit einem mit Malereien und Stuck ausgeschmückten Saal bauen, ergänzt durch einen kleinen geometrisch gestalteten Garten.[22] Bei dem Schloss ließ er zur gleichen Zeit ein kleines Theater errichten, das nicht nur der Unterhaltung der Herrschaft, sondern auch der lokalen Bewohner diente. Später von 1724–1728 ließ er die ursprünglich mittelalterliche Kirche Hl. Barbara in Valkeřice/Algersdorf grundlegend umbauen und noch davor, in den Jahren 1708–1709, realisierte er auch die Erneuerung der Kirche Hl. Katharina im benachbarten Dorf Merboltice/Mertendorf.[23]

Im Gegensatz dazu scheint sich die Funktion des Schlosses Konojedy/Konoged als Herrrenhaus am Ende des 17. Jahrhunderts abgeschwächt zu haben. Im Jahr 1696 traf Sporck die Entscheidung, auf seinen Herrschaften in Kuks/Kukus und eben in Konojedy/Konoged Spitäler zu stiften. Die Stiftung an den Orden der Barmherzigen Servitenbrüder wurde im Jahr 1699 bzw. 1700 von Kaiser Joseph I. genehmigt. Der Prozess war jedoch kompliziert, so wurden im Jahr 1712 neue Stiftungsvorschriften herausgegeben. Im Hinblick auf die Tatsache, dass das Hospital Kuks/Kukus nach mehrjährigen Verzögerungen erst im Jahr 1743 zu funktionieren begann,[24] wurde unlängst die Frage aufgeworfen, inwieweit das Projekt des Hospitals Konojedy/Konoged realisiert wurde.[25] Im Jahr 1712 erwähnt Mauritius Vogt in seiner Beschreibung der Herrschaft Konojedy/Konoged, dass das örtliche Schloss schon im Jahr 1699 in ein Hospital umgewandelt wurde und dass in dem Hospital aus der Stiftung mit Jahreseinnahmen von 6 Tausend Gulden 45 arme Männern und Soldaten versorgt werden sollten und zwei Priester, Apotheker, Hospitalmeister, Küchenschreiber, Koch und Schneiderin wirken sollten. Das Hospital war angeblich mit einer ausgezeichneten Apotheke ausgestattet, desweiteren mit einer Reihe von möblierten Zimmern, zwei mit Gemälden dekorierten Speisesälen und zwei Küchen.[26] Der Autor der Biographie von Sporck (bezeichnet mit dem Pseudonym Roxas) ergänzt im Jahr 1715, dass der Graf in dem Hospital auch eine Wohnung für sechs Barmherzige Brüder bauen ließ, und im Weiteren erhalten wir die Information, dass die gesamte Herrschaft nach dem Tod des Grafen dem Hospital zufallen sein soll.[27] Egal in welcher Form das Hospital in Konojedy/Konoged funktionierte, ein bestimmter Teil des Gebäudes diente auch weiter den Bedürfnissen der Adeligen, wie die zeitgenössischen Berichte belegen.[28]

Dieser Umstand passte dem Graf zum Beispiel im Jahr 1729, als sein Konflikt mit den Jesuiten aus Žíreč eskalierte und es zur Beschlagnahmung und anschließenden Lustration der gräflichen Bibliotheken in Kuks/Kukus und Prag kam. Einen Teil der diffamierenden Bücher ließ Sporck angeblich im Voraus nach Konojedy/Konoged bringen, wo die Bücher aber dem Interesse der Ermittler nicht entgingen.[29] Die Herrschaft Konojedy/Konoged spielte allgemein eine wichtige Rolle bei den Einkäufen ausländischer Literatur, die Sporck realisierte. Wiederholt diente es als Zwischenlager für religiöse und philosophische, in Böhmen oft geächtete Titel, die der Graf aus Dresden und Leipzig bestellte. Aus Konojedy/Konoged und Umgebung rekrutierten sich auch manche interessante Personen aus Sporcks Umgebung. Der wichtigste von ihnen war zweifellos der gräfliche Hofmeister Joseph Seemann (1679–1750), geboren in Valkeřice/Algersdorf, der als Kapellmeister in Sporks Kapelle in Lysá anfing. Direkt aus Konojedy/Konoged stammte ein anderer gräflicher Musiker, Peter Rölig (1650–1723), der gemeinsam mit Václav Svída aus Lysá anfangs der 1680er nach Paris und Versailles geschickt wurde,[30] um da ein neues Musikinstrument spielen zu lernen – das Horn. Später wurde er ein fester Bestandteil von Sporcks Hofs.

Konojedy/Konoged unter der Verwaltung des Geschlechtes Swéerts-Sporcks

Als Franz Anton von Sporck im März 1738 starb, hinterließ er keinen eigenen männlichen Nachkommen. Die biologische Geschlechterfolge in der männlichen Linie wurde so von den Söhnen seines jüngeren Bruders Ferdinand Leopold (1664–1711) gesichert. Franz Anton, dessen einziger Sohn im Alter von zwei Monaten starb (1699), entschied sich, das Problem der Nachfolge und die Fortsetzung des Geschlechtsnamens schon im Voraus auf eine in der Zeit übliche Weise zu lösen – er selbst wählte den zukünftigen Erben seiner Besitzungen und verpflichtete ihn zu einer dauerhaften Nutzung des Beinamen Sporck. Die gräfliche Wahl fiel auf den Ehemann der jüngeren seiner Töchter Anna Katharina (1688–1757), den Freiherrn Franz Anton Karl Rudolf von Swéerts (1688–1757).[31] Die engen familiären Beziehungen zwischen den Geschlechtern Sporck und Swéerts waren schon in der vorherigen Generation aufgenommen worden, als Franz Anton Sporck Franziska Elisabeth Apollonia von Swéerts (1667–1726) geheiratet hatte. Sporcks ältere Schwester Marie Anna Sabina heiratete bereits sechs Jahre früher Karl Franz Anton Rudolf von Swéerts. Aus ihrer Ehe ging der oben genannte Franz Anton Karl Rudolf hervor,[32] den Sporck als Gatte für seine jüngere Tochter und zugleich seinen Universalerbe auserkor.

Die Hochzeit einer Cousine mit einem direkten Cousin fand im Jahr 1712 zwar mit einem päpstlichen Dispens statt, jedoch unter sehr ungewöhnlichen Umständen.[33] Später, im Jahr 1718 adoptierte der Graf seinen Neffen und zugleich Schwiegersohn. Im selben Jahr wurde Franz Anton Karl Rudolf von Karl VI. in den Grafenstand erhoben und erhielt den neuen Beinamen Swéerts-Sporck.[34] Noch zu seinen Lebzeiten fing Franz Anton an, ihn in die Verwaltung der gewählten Herrschaften einzuführen. Als erstes wurden ihm und seiner Gattin gerade die Herrschaft Konojedy/Konoged übertragen, wohin das junge Paar aus Lysá umzog, und zwar mit einer Jahresapanage von dreitausend Gulden.[35] Später zog es die Aufmerksamkeit des Schwiegersohnes jedoch zu anderen Siedlungen, und zwar vor allem nach dem Jahr 1723, als Franz Anton Karl Rudolf die Herrschaft Nový Berštejn/Neu Perstein bei Dubá/Dauba kaufte. Nach dem Tod seines Schwiegervaters wurde Lysá nad Labem/Lissa an der Elbe zur Hauptresidenz der Swéerts-Sporck. In diesen Jahren hielt sich der Graf nur selten auf der Herrschaft auf, gegebenenfalls kam er von Nový Berštejn/Neu Perstein nur für einen Tag.[36]

Franz Anton Karl Rudolf kann als adliger Selbständiger charakterisiert werden, der die Sorge um das geerbte und erworbene Eigentum der Hof-, Beamten- oder Miltärkarriere vorzog.[37] Der Mitbegründer der Prager Freimaurerloge zu den drei Sternen wurde als sehr guter Wirtschaftler geschätzt,[38] der auf seinen Herrschaften verschiedene innovative Prozesse zur Steigerung der Produktivität einführte, bei gleichzeitiger Verfolgung bestimmter Absichten hinsichtlich guter Lebensbedingungen der Untergebenen. Der Theresianische Kataster verzeichnete in Konojedy/Konoged im 18. Jahrhundert insgesamt 31 Häuser, was im Vergleich zu dem Stand in der Berni Rula (Steuerliste) ein Nullwachstum darstellte. Auch in der Landstruktur der lokalen Wirtschaft kam es zu keiner wesentlichen Änderung. Die Bonität der lokalen Felder wurde als unter dem Durchschnitt eingeschätzt. Desweiteren stellen wir fest, dass die Bewohner der Herrschaften meistens vom Viehbestand lebten und sich mit Spinnen etwas dazu verdienten. Franz Anton Karl Rudolf schrieb sich als Mitsponsor des lokalen Servitenklosters unauslöslich in die Geschichte ein. Als Votivgabe für die Erhaltung des Lebens seines letzten Sohnes Johann Christian gründete er im April 1739 mit seiner Frau eine Stiftung für 20 Barmherzige Brüder,[39] die für die Leitung des Hospitals in Konojedy/Konoged verantwortlich sein sollte. Nach den Stiftungsdokumenten vom Dezember 1746 trat der Graf das Schloss in Konojedy/Konoged mit Garten und Schlosskirche den Serviten ab, um ein Kloster aufzubauen, geweiht zu Ehren der sieben Gründern des Ordens. Es war gerade ihr Schutz, dem Johann Christian zuvor anvertraut worden war.[40] Der Sitz der Herrschaftsverwaltung wurde gleichzeitig in das sog. Schloss verlegt, in das spätere Verwaltungshaus.[41]

Ordensbrüder, gekommen im Januar 1747 aus dem Prager Konvent zum Hl. Michael, fingen nach Beendung des Neubaus der Mariä‑Himmelfahrt‑Konventkirche mit dem Aufbau des neuen Konventgebäudes an, dessen Grundstein im Jahr 1758 gelegt wurde.[42] Als Baustelle wurde ein Areal östlich vom alten Schloss gewählt, auf dem bisher Brauerei, Hof und Schafstall standen.[43] Den festlichen Baubeginn erlebte der Sponsor aber nicht mehr. Als er kein ganzes Jahr zuvor im November 1757 starb, wurde sein Leib von Lysá nach Konojedy/Konoged überführt, wo er in der Krypta der Konventkirche an der Seite seiner Gattin Anna Katharina beerdigt wurde, die hier schon im Jahr 1754 beigesetzt worden war.[44]

Die Existenz des Klosters in Konojedy/Konoged währte nicht lange. Im Jahr 1786 wurde es im Rahmen der Josephinischen Reformen aufgelöst, ein Teil der Innenausstattung wurde in die Bischofsresidenz in Litoměřice/Leitmeritz überführt und das Objekt fiel dem Religionsfonds zu. Die verbliebenen Serviten verließen Konojedy/Konoged bis 1788, mit Ausnahme des letzten Priors Raymund Weigner, der hier als erster Pfarrer in der im Jahr 1786 konstituierten Pfarrei Konojedy/ Konoged wirkte.[45] Als Pfarrkirche diente der Pfarrei das bisherige Servitensanktuarium. Der damalige Besitzer der Herrschaft Konojedy/Konoged Graf Johann Franz Christian Swéerts-Sporck (1729–1802) kaufte das Objekt des ehemaligen Konvents im Jahr 1790 vom Religionsfonds und ließ es zu seinen Residenzschloss umgestalten. Genau wie sein Vater war auch er eine Privatperson, die sich nicht stärker in das öffentliche Leben einmischte.[46] Als er im Jahr 1802 starb, wurden seine sterblichen Überreste neben seiner früher verstorbenen zweiten Frau Terezie, geb. Von Kounice (1742–1787) auf dem Friedhof in Konojedy/Konoged bestattet, der im Jahr 1787 am Weg nach Kravaře/Graber gegründet worden war.[47]

Konojedy/Konoged bis zum Erlöschen der patrimonialen Verwaltung

Johann Franz Christian hinterließ zwei Söhne, die im Rahmen der Verteilung des Nachlasses ihres Vaters mit anderen Gütern befriedigt wurden. Die Herrschaft Konojedy/Konoged hatte der Graf seiner Tochter Marie Barbora (1760–1834) zugedacht, die den Grafen Andreas O‘ Reilly heiratete, und die Herrschaft unverzüglich im Jahr 1804 für 500 Tausend Gulden an Ludwig Sulzer verkaufte. Damit kam die Herrschaft Konojedy/Konoged nach 150 Jahren außer Besitz der Sporcks, resp. Swéerts-Sporcks. Gleichzeitig begann damit ein Prozess schneller Eigentümerwechsel, der in der gesamten ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Untergang des herrschaftlichen Verwaltungsystems zu beobachten ist. Schon 1813 verkaufte Ludwig Sulzer die Herrschaft Konojedy/Konoged an den Freiherrn Vincenc Peter Wiedersperg von Wiedersperg.[48] Als Wiedersperg bald danach im Jahr 1815 starb, kaufte der ehemaliger Apotheker Ignaz Piller aus Úštěk/Auscha Konojedy/Konoged und andere Gemeinden des Erbes, um sie seiner Tochter zu widmen. Das Eigentum erbte ihr Sohn JUDr. Joseph Mayer, der als Besitzer noch in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts erwähnt wird. Alle diese neuzeitigen Besitzer von Konojedy/Konoged, außer Ludwig Sulzer, fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Konojedy/Konoged. Im Jahr 1848 wurden die Leibeigenschaft und die patrimoniale Verwaltung aufgehoben und anschließend ein neu organisiertes System von Regionen eingeführt sowie Gerichts- und Politische Bezirke und Gemeindeselbstverwaltung eingerichtet. Die Gemeinde Konojedy/Konoged wurde ein Teil des neu gegründeten Gerichtsbezirks Úštěk/Auscha und des politischen Bezirks Litoměřice/Leitmeritz. Die Position des Besitzers der Güter wurde dadurch in gewisser Weise verändert, er blieb aber auch weiterhin eine der einflussreichsten Personen der lokalen Gesellschaft.